Eritrea

„Would you mind to leave the entrance free?“, „Please step back“ – Wir müssen am Check-in Schalter des Lufthansaflugs LH 592 nach Asmara sein. Ein heiloses Chaos aus schreienden Kindern, verschleiernden Frauen und schwerbeladenen Exil-Eriträern auf dem Weg in den Heimaturlaub empfängt uns – und das mitten auf dem Frankfurter Flughafen – Welcome to Eritrea.

Auf Bahn 1-8 hebt der vollbesetzte Airbus in Richtung Kairo ab. Nach einem kurzen Zwischenstopp und der Erkenntnis, das wir die einzigen verbliebenen Europäer im Flugzeug sind, hebt die Maschine zum knapp 2,5 Stunden dauernden Flug nach Asmara, der Hauptstadt Eritreas ab.

Der Flughafen von Asmara vermittelt einen provinziellen Charme: Unser Lufthansa-Jet ist das einzige Flugzeug weit und breit, Busse gibt es nicht, alles wird per pedes vom Flugzeug zur Ankunftshalle getragen. Dank des vorher beantragten Visums fällt die Einreiseprozedur mit einer knappen Stunde für afrikanische Verhältnisse eher moderat aus. Ein Taxi ist schnell gefunden und minutenspäter tauchen wir bereits in die belebten Strassen Asmaras ein. Ein riesiges UN-Camp am Stadtrand ruft uns die bewegte Vergangenheit dieses von 30 Jahren Krieg gebeutelten, inzwischen aber sehr friedlichem und sicherem Land, nicht zum letzten Mal während unseres Aufenthalts in Erinnerung.

 

Asmara, die Hauptstadt Eritreas liegt auf einem Hochplateau in über 2300 Meter Höhe, ein Umstand der die Temperaturen so nahe am Äquator tagsüber bei erträglichen 25-30°C hält. Mit einer Jahresmitteltemperatur von 18°C fällt die Akklimatisierung leicht.
 

Uns aber zieht es in die Danakilldepression, eine heisse und unwirtliche Wüste, in die sich das nördliche Ende des ostafriaknischen Riftvalley öffnet. Temperaturen von über 50°C, riesige Salztonebenen und Depressionen bis zu 120 Meter unter dem Meeresspiegel markieren dieses Gebiet, das nach den hier ansässigen Nomaden auch als Afar-Ebene bezeichnet wird. Die Danakill Senke stellt vor allem für den geologisch Interessierten ein auf der Welt einmaliges Phänomen dar, öffnen sich hier doch drei Grabenbrüche in Form eines Dreiecks, weshalb das Kerngebiet der Senke im westlichen Djibouti auch als Afardreieck bezeichnet wird. Nach Süden öffnet sich das berühmte ostafrikanische Riftvalley, Richtung Westen der Golf von Aden und in Richtung Norden schließlich erstreckt sich der Grabenbruch des Roten Meer, einem Ozean im Embryonalstadium, der seine nördlichen Ausläufer im Jordangraben findet.

 

Zunächst besichtigen wir aber den von einem Freund organisierten Geländewagen. Ein Toyota Hilux, pechschwarz und steinalt, heruntergekommen mit zwei porösen Hinterreifen, alle Räder 10cm überstehend, und einem benzinbetriebenen Motor, der bei der kleinsten Steigung klingelt und klopft, als wäre er in den letzten Zügen. Aussenspiegel und Gurte waren damals anscheinend auch für den Fahrer nur gegen Aufpreis erhältlich, doch viel schlimmer, der Allrad lässt sich nicht einlegen, weil die Besitzer eine Eiswürfelmaschine so unglücklich zwischen die Sitze montiert haben, daß sich der Schalhebel einfach nicht nach unten drücken lässt. Vor meinem geistigen Auge schießt in Bildern meine mehr als 20 Jahre zurückliegende Ausbildung als KFZ-Mechaniker vorbei. Hoffentlich habe ich nichts verlernt, ich werde mein Wissen sicher gut gebrauchen können...   

 

 

Nachdem wir die Eiswürfelmaschine deplaziert haben, starten wir zu den 115 Kilometer hinab ins Küstentiefland von Massawa. Die gut ausgebaute Strasse führt in unendlichen Kehren den Steilabbruch hinab. Dutzende von schwerbeladenen LKWs quälen sich die steilabbfallende Hauptverbindungsstrasse vom zentralen Hochland zum Roten Meer hinab. Ein Überholen ist nur selten möglich. So brauchen wir für die Strecke fast einen halben Tag.

 

Massawa empfängt uns mit fast tropischen Temperaturen und einem eher arabisch anmutenden Flair. Die im 16. jahrhundert gegründete Stadt hat durch ein Erdbeben 1921 sowie starken Angriffen durch die Luftwaffe und Artellerie Äthiopiens im Jahr 1990 viel von ihrem ursprünglichem Charme eingebüsst. Zwar sind noch viele der italienischen Villen und der arabischen Herrenhäuser erhalten, doch in einem derart desolaten Zustand, das die Vorstellungskraft stark beansprucht wird

Die im türkischen und ägyptischen Stil erbauten Häuser bestehn fast alle aus Korallenstein, der in seiner Erscheinungsform etwas an den berühmten Stuttgarter Travertin erinnert. Fenster und Türen sind mit reich verzierten Stürzen aus Holz oder Stein dekoriert. Immer wieder sieht man den Häusern vorgebaute Balkone aus Holz

 

Ein liegengebliebener Panzer dient als Wäscheleine.

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